Urbane ÖkoStadtspaziergänge 2012

„Dörfliche Übergänge und industrielle Randerscheinungen“

Die moderne Stadt von heute ist in großen Teilen bebaut. Das Wachstum der Städte ist auch in Bremen an seine Grenzen gestoßen, und die wesentlichen Zukunftsaufgaben haben sich am vorhandenen Bestand zu orientieren. Hier sind es Fragen der energetischen Renovierung, der Innenverdichtung durch die Bebauung von Baulücken oder durch die Aufstockung von Bestandsbauten, die als im Wesentlichen relevant für die Stadtentwicklung der kommenden Jahre genannt werden.

Interessant sind allerdings die Zwischenzonen mit Relikten der „alten“ Stadt, die über die Jahre obsolet geworden sind oder werden – wie Industrie- und Gewerbegebiete, die sich nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form nutzen lassen. Daneben wirken Kleingartengebiete und dörfliche Siedlungskerne in ihrer Dichte archaisch inmitten der Großstadt. Einige davon geraten in den begehrlichen Blick städtebaulicher Neustrukturierungen, andere ruhen weiterhin in sich.

Das Ziel der Urbanen Ökostadtspaziergänge 2012 ist der Bremer Osten. Dieser Stadtteil mit den meisten Arbeitsplätzen in Bremen ist geprägt von altindustriellen Arealen und Arbeitersiedlungen, die zwischen den alten Ortskernen entstanden sind, wie von hypermodernen Einkaufszentren mit „Drive-In-Charakter“. Hinter den vertrauten Verkehrsschneisen verbergen sich für viele Bremerinnen und Bremer weitgehend unbekannte Stadtquartiere, die überraschend anders sind, als es der/die Passierende vermuten würde. Hier lassen sich außergewöhnliche und schützenswerte Orte finden, die sich der städtebaulichen Entwicklung bislang widersetzt haben und die im Zuge einer Innenverdichtung „bedroht“ sein könnten.

Neue Zinnen auf alten Schlössern – eine Zeitreise über alte Dorfwege

Wo einst dichter Rauch aus den Schornsteinen der Industrieanlagen stobte, erhebt sich heute eine lichte Vegetation über dem Hemelinger Tunnel. Vögel zwitschern und Kinder tollen über die grünen Hügel, nur gelegentlich wird die Ruhe von Flugzeugen im Landeanflug gestört. Im Hintergrund lassen sich noch Reste des hannöverschen Dorfes erkennen, das hier einst auf den Weserdünen seinem beschaulichen Alltag nachging. Überblendet werden sie von den grellen Lichtern und glänzenden Fassaden zeitgenössischer Gewerbechícs, der sich entlang der Verkehrstrassen ausbreitet.

Unsere Urbanen ÖkoStadtSpaziergänge führen uns dieses Jahr in die Zwischenzonen der Stadt. Hier liegen altindustrielle Brachen neben wuchernden hypermodernen Shoppingwelten, hier bestehen die historischen Dorfkerne fort, während die Neubauten in ihrer Nachbarschaft schon wieder unter dem Abrissbagger zerfallen. In Hemelingen begegnen wir diesen Orten fußläufig obwohl zwischen ihnen eine weite Distanz liegt.

Stadt Rahmen

Schon von weitem markieren die Wolken über den Schornsteinen des Kohlekraftwerks die Lage von Hastedt im Bremer Stadtgebiet. In ihrem Schatten erstrecken sich die Fabrikhallen alter Bremer Traditionsunternehmen, deren Strukturen einst den gesamten Bremer Osten prägten. Breite Verkehrsschneisen durchlaufen den Stadtteil und fassen ihn gleichsam in einen grauen Rahmen aus Beton. Doch nur wenige Schritte weiter verlieren sich diese klaren Formen, verwinkelte Straßenzüge und versteckte Grünflächen erzeugen das Gefühl von Unübersichtlichkeit.

Auf unserem zweiten Urbanen ÖkoStadtspaziergang tauchen wir in den Dunst des Kohlekraftwerks ein. Hinter den industriellen Fassaden entdecken wir neue Nutzungen und im Gewirr der alten Dorfwege stolpern wir über Formen neuen Wohnens und kreativer Lückennutzung.

Zwischen Gartenstadt und Autobiotop

Wie in einem automobilen Biotop wird die Umgebung der Kfz-Zulassungsstelle von Autohäusern und Autodächern dominiert. Die automobilisierte Einkaufsstraße führt den Fahrer durch eine Szenerie, die von Parkplätzen, Waschanlagen und befahrbaren Baumärkten durchsetzt ist. Auf ihren Rückseiten drängen sich die an den Rand geschobenen Nutzungen. Schmale Wege, Buckelpisten und Brombeerhecken sperren die Automobilisten aus dieser morbiden Kulisse aus.

Zwischen dem historischen Stadtzentrum und den Industriequartieren gelegen, wirken die Stadtquartiere unseres dritten Urbanen Ökostadtspaziergangs wie eine stadtentwicklerische Füllmasse. Auf Gewerbe folgen Kleingärten, auf die Gärten die Gartenstadt Vahr und auf diese wiederum die eher kleinbürgerlichen Quartiere des alten Sebaldsbrück. Doch dies mag täuschen, denn aus ihnen ragen die Galopprennbahn und der Schloßpark.

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Die ÖkoStadt Spaziergänge sind gefördert durch den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr.

Der einzige Weg zur Lösung eines globalen Problems sind weltweite lokale Lösungen. Ich glaube, es gibt eigentlich überhaupt nichts, was ausschließlich global wäre. Alles Globale hat vielmehr lokale Wurzeln.

Dr. Vandana Shiva, Trägerin des Alternativen Nobelpreises 1993