Urbane Landwirtschaft

Forum 3

Katharina Mittelstraß            Foto: Britta Wiebrock

Katharina Mittelstraß von der hessischen Staatsdomäne Frankenhausen präsentierte in diesem Forum zunächst das Konzept der Selbsterntegärten. Die Idee stammt aus dem Wien der 1980er Jahre. Nach dem Vorbild der heute 20 Selbsternteprojekte in Österreich hat die Universität Kassel, Fachgebiet Freiraumplanung, im Rahmen eines Seminars zwei solcher Gärten aufgebaut. Der eine davon, eine ehemalige Gartenfläche, liegt mitten in Kassel zwischen einer großen Ausfallstraße neben einer Gärtnerei und dem Hauptfriedhof.

In Selbsternteprojekten wird, meistens von LandwirtInnen auf eigenen Ackerflächen, in langen, parallelen Reihen unterschiedliches Gemüse angebaut, mitunter bis zu 25 verschiedene Sorten. Je nach Bestellung wird das Gelände – quer zu den Längsreihen – in unterschiedlich große Flächen unterteilt, so dass etwa zwei oder vier Meter breite und 20 Meter tiefe Parzellen entstehen. Diese werden verpachtet. Bis zur Ernte muss praktisch nur gegossen und Unkraut gejätet werden. In Kassel kostet die Pacht je nach Größe der Fläche bis zu 140 Euro. Der Wert Ernte liegt jedoch deutlich höher. Das Selbsterntemodell kommt Leuten entgegen, die wenig Zeit haben, körperlich schwere Gartenarbeiten meiden wollen oder müssen, die keinen eigenen Nutzgarten haben oder sich nicht das ganze Jahr um einen solchen kümmern möchten.

Jan Bera            Foto: Britta Wiebrock

Jan Bera vom Gärtnerhof Oldendorf präsentierte und erläuterte anschließend das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft. Der Gärtnerhof ist Teil einer dynamischen neuen Bewegung, “Community Supported Agriculture”, abgekürzt „CSA“ genannt, die sich seit Mitte der 1980er Jahre rund um die beiden Landwirte Trauger Groh und Jan VanderTuin zunächst in den USA entwickelte und jetzt auch in Deutschland immer mehr Fuß fasst. In Deutschland gibt es derzeit um die 25 Höfe, die nach diesem Prinzip arbeiten. Zumeist sind die Höfe in das Netzwerk “Solidarische Landwirtschaft” eingebunden. Kernpunkt des Konzepts ist es, dass sich – zumeist Verbraucher aus der Stadt – für ein Jahr verpflichten, einen Ernteanteil den Landwirten abzunehmen. Damit decken die Betriebe im Idealfall alle anfallenden Kosten. Der Beitrag für den Ernteanteil variiert je nach Struktur des Projekts. In Oldendorf beträgt der Beitrag pro Person und Monat 55 Euro. Dafür erhalten die Abnehmer ein vielfältiges Gemüseangebot aus dem ökologischen Landbau. Das Projekt in Oldendorf ist noch in der Entwicklungsphase. Gegenwärtig werden die Erzeugnisse des Hofes auch noch auf Wochenmärkten und über eine Abo-Kiste vermarktet. Ziel ist es aber, dass alle Produkte über das CSA-System verteilt werden.

Der einzige Weg zur Lösung eines globalen Problems sind weltweite lokale Lösungen. Ich glaube, es gibt eigentlich überhaupt nichts, was ausschließlich global wäre. Alles Globale hat vielmehr lokale Wurzeln.

Dr. Vandana Shiva, Trägerin des Alternativen Nobelpreises 1993