Urban Gardening Kongress
Abendpodium
Unter dem Titel „Urban Gardening- Utopia des 21. Jahrhunderts?“ diskutierten, von Annemarie Struß-von Poellnitz moderiert, Prof. Mathias Binswanger, Nils Aguilar, Heike Brückner, Staatsrätin Gabriele Friderich und Axel Timpe.

Den Auftakt bildete ein Ausschnitt des Films „Transition Town“ des Regisseurs Nils Aguilar, der die Rückkehr der kubanischen Landwirtschaft zu ihren traditionellen Wurzeln nach dem Zusammenbruch der UdSSR beschreibt. Aus einer Importkrise besinnt man sich dort auf ursprüngliche Anbaumethoden ohne Kunstdünger und Pestizide mit steigender Tendenz zur Selbstversorgung.
In diesem Zusammenhang verwies Axel Timpe auf Projekte in Spanien und der Türkei, aber auch auf die Selbsterntegärten in Deutschland, die eine wichtige Verbindung zwischen Stadt und Land schaffen und zur Ernährungssouveränität des/der Einzelnen beitragen.
Frau Brückner stellte das Dessauer Modell vor, das auf die Schrumpfung der Stadt, auf Gebäudeleerstand und Verfall mit der Idee reagiert „Wo Gebäude fallen, entstehen Gärten“, zunächst eine Kartierung des bestehenden Zustandes, die „Pixelung der Brachflächen“, dann als strukturellen Impuls ein Aufruf an die Bevölkerung, die Landschaft in die Stadt zu holen, ein Beteiligungsmodell mit vielfältigen Akteuren und neuen Nutzungsformen.
Eine Idee, der auch Gabriele Friederich aufgeschlossen gegenüber stand. Sie befürwortete generell ein Umdenken bei der Bewirtschaftung des öffentlichen Raumes und sprach sich für eine vielfältige Nutzung von öffentlichen Freiflächen aus – Urban Gardening-Projekte könnten da beispielgebend sein, insbesondere durch den nachbarschafts- und gemeinschaftsstärkenden Gedanken dieser Bewegung.
Auf den sozialen und wirtschaftlichen Aspekt ging Prof. Dr. Mathias Binswanger aus der Schweiz ein mit seiner These, entscheidend sei das soziale Miteinander, wir tendierten leider zur Vereinsamung. In seinem Buch „Die Tretmühle des Glücks“ beschreibt er den Zusammenhang zwischen Glück und Einkommen und kommt zu dem Ergebnis, dass mehr Wirtschaftswachstum und mehr Einkommen nicht dazu führen, die Lebenszufriedenheit zu erhöhen.
Zur abschließenden Frage, was Politik tun kann, um konkrete Projekte in Bremen zu unterstützen, gab es aus dem Publikum und auf dem Podium unterschiedliche Hinweise: alternative Nutzungen im Flächennutzungsplan zulassen, Beispiel „Grünschraffur“ (Friderich), finanzielle Förderung neuer Projektideen, Stärkung regionaler Produktion bis hin zur Position Binswangers, dass sich auch Urban Gardening dem allgemeinen Zwang zum Wirtschaftswachstum unterordnen müsse, die Politik aber Parameter setzen könne, dass man es den Menschen leichter macht, glücklich zu werden.

Foto: Britta Wiebrock
v.l.:Annemarie Struß-von Poellnitz, Nils Aguila, Mathias Binswanger, Heike Brückner, Axel Timpe und Gabriele Friderich