Amsterdam-Ijburg, “Waterbuurt”

Hier hat die Stadt Amsterdam, am östlichen Rand des Ijsselmeers, 6km von der Innenstadt entfernt gelegen eine Reihe künstlicher Sandinseln aufgeschüttet, die mit insgesamt 18.000 Wohnungen Wohnraum für 45.000 Menschen bietet – darunter die Siedlungen Waterbuurt-Oost und Waterbuurt-West für schwimmende Häuser.

Unsere Gruppe wurde von den Projektentwicklern van Ommen und van Namen in die Entwicklung des Stadtteils im Allgemeinen und die von Waterbuurt im Besonderen eingeführt, an die sich dann eine Begehung der Anlage anschloss.

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Der Westteil befindet sich hinter der 4-stöckigen Kaibebauung an der Hauptstraße mit Straßenbahngleisen bestehend aus Büroräumen und gemischtem Wohnungsbau. Er wurde von der Projektentwicklungsgruppe geplant und nach klaren architektonischen Regeln umgesetzt. Beide Teile haben identische Anlegereinrichtungen mit Querverbindungen, die auch für die Öffentlichkeit eine rundlaufende Begehung der Anlage ermöglichen. Die Querbrücken sind für kleinere Boote durchfahrbar und wie Zugbrücken hochfahrbar, wenn ein Schwimmkörper neu eingefahren oder ein vorhandener zur Reparatur ausgefahren werden muss.

Der Ostteil wurde von privaten Eigentümern zwar nach bestimmten Vorgaben, aber ohne klaren Gestaltungsauftrag umgesetzt. Insoweit besteht zwar eine große Vielfalt im Erscheinungsbild, aber bei einer Außenansicht vom Westufer wirkt die Anlage nicht sehr harmonisch eingebettet in die sonstige Bebauung, während beim umgekehrten Blick eine starke architektonische Übereinstimmung der Uferbebauung mit den schwimmenden Häusern ins Auge springt. Dafür leisteten sich die privat geplanten Anlagen zahlreiche Besonderheiten vom schwimmenden Schilfgarten bis hin zur Schwaneninsel – abgesehen von den zahllosen Booten und Bötchen. Außerdem wurde die Nutzung der Anleger weniger restriktiv gehandhabt als beim Projektbau. Obwohl die gleichen Sicherheitsbestimmungen hinsichtlich des unbehinderten Zugangs auf die Anleger gelten, waren bei den Privaten doch auch Pflanzkübel, Fahrräder und andere Haushaltsgegenstände toleriert. Diese Anlage wirkte aus der Nähe betrachtet weniger steril, obwohl in der Konstruktionsphase zahlreiche Probleme hinsichtlich der Technik aufgetreten sein müssen, wie man an den unterschiedlichen Freibords sehen konnte.

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Die beiden Projektentwickler wiesen auf die zahlreichen Probleme in der Entstehungsgeschichte hin, die notwendige frühzeitige Einbindung aller interessierter Beteiligter, die dann auch zu einer Art Handbuch bei der Umsetzung führen sollte, um bei späteren Projekten dieser Größenordnung Fehler rechtzeitig erkennen und Planungsfristen einhalten zu können.

In den Worten des Projekthandbuchs Floating Amsterdam: “Viele Dinge, die an Land Routine sind, mussten hierfür auf der technischen, rechtlichen und finanziellen Ebene neu erfunden werden und zwar sowohl unter städtebaulichen als auch organisatorischen Gesichtspunkten“. Pannen wie Verzögerungen von 1 ½ Jahren mit provisorischen Liegeplätzen und Behelfsleitungen – wie geschehen – können dann vermieden werden. Mit einer Gesamtdauer von 10 Jahren ist das Projekt zeitlich gesehen eher ein Ausreißer.

Auf der anderen Seite sollte man sehen, dass in Hamburg die wenigen Objekte am Eilbekkanal auch diesen langen Zeitraum bis zur Verwirklichung benötigt haben, und hier in Ijburg stehen immerhin schon 93 Einheiten und weitere 72 werden folgen; die bislang gemachten Erfahrungen werden in die künftigen Planungen einfließen und Fehler vermeiden helfen.

Auch wenn die Projektentwickler deutlich gemacht haben, dass die Einzelobjektbauweise mit Wohngrößen von 100-150 qm und Preisen um die € 400 Tsd. nichts für den sozialen Wohnungsbau ist, kann die hohe Dichte solcher Anlagen wie Ijburg als städtebauliche Ergänzung zur normalen Bauweise an Land die Bedürfnislage auf dem Wohnungsmarkt zufriedenstellend lösen helfen.

Wieder in den Worten des Projekthandbuchs: „Jeder neue geplante Distrikt verlangt sein eigenes Design“.

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Fotos: © Jennifer Petry

Der einzige Weg zur Lösung eines globalen Problems sind weltweite lokale Lösungen. Ich glaube, es gibt eigentlich überhaupt nichts, was ausschließlich global wäre. Alles Globale hat vielmehr lokale Wurzeln.

Dr. Vandana Shiva, Trägerin des Alternativen Nobelpreises 1993