Was soll ich heute anziehen?

Bio-Mode, Fair Trade und einheimische Produktion oder Hauptsache billig

Podiumsdiskussion

Moderiert von Theo Schlüter, Radio Bremen, fand am 15.11. im Wallsaal der Stadtbibliothek die zweite Podiumsdiskussion im Rahmen der Umwelt Tage Bremen 2012 statt.

Prof. Dr. Beate Zimpelmann, Wolfgang Grupp, Theo Schlüter, Gertrud Gauer-Süß, Gerhard Schreve (v.l.n.r.)

Unter dem Titel „Was soll ich heute anziehen? Bio-Mode, Fair Trade und einheimische Produktion oder Hauptsache billig“ trafen viele Interessierte an diesem Abend zusammen. Das hochkarätige Podium, bestehend aus Gertrud Gauer-Süß (Geschäftsführerin BIZ), dem Unternehmer Wolfgang Grupp (Trigema), Gerhard Schreve (Leiter kommunale Abfallwirtschaft Bremen) und der Professorin Dr. Beate Zimpelmann (GLOKAL – Hochschule Bremen), wusste die Fragen aus möglichst allen Perspektiven zu beleuchten.

An diesem Abend gab es noch eine Besonderheit: Theo Schlüter nutzte die Diskussion direkt, um eine Radiosendung für den Folgetag aufzuzeichnen. All diejenigen, die die Veranstaltung verpasst haben, können sich die Sendung also auch nachträglich noch anhören.

Die Diskussion begann mit dem wohl prominentesten Gesicht der Runde, nämlich Wolfgang Grupp. Der aus diversen Talkshows im deutschsprachigen Fernsehen bekannte Grupp präsentierte sich gewohnt Meinungsstark, indem er sagte, dass die Debatte über einen Mindestlohn in Deutschland eine Schande ist.

Prof. Dr. Beate Zimpelmann (links), Wolfgang Grupp

Für den Unternehmer sei es selbstverständlich, seine Mitarbeiter so zu bezahlen, dass sie davon leben können und zudem für sichere Arbeitsplätze zu sorgen. Für Grupp ist außerdem klar, dass Gier und Größenwahn für viele unserer Probleme verantwortlich sind. Er trat entschieden dafür ein, die Verantwortung auch für Fehlentscheidungen wieder mehr in den Entscheidungsträgern zu suchen und diese für eventuelle Folgen haftbar zu machen.

Gertrud Gauer-Süß, welche auch die Leiterin der Regionalgruppe Bremen der Clean Clothes Campaign ist, gab bei aller Anerkennung für Herrn Grupp zu bedenken, dass es nicht nur um die Beschäftigten der Textilbranche in Deutschland geht. Das größere Problem in der weltweiten Textilproduktion liegt für den Europäischen Markt in Ländern in Osteuropa und Asien. Dort wird mehrheitlich unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert, nicht nur beim Endprodukt, auch z.B. bei der Rohstoff-, Stoff- und Garnproduktion. Vom Lohn leben zu können muss auch für diese Länder gelten!

Letzteren Punkt griff auch Frau Prof. Zimpelmann auf und verwies darauf, dass nicht nur das Lohnniveau insbesondere in den Entwicklungsländern entscheidend sei. Nachdrücklich mahnte sie an, auch die Arbeitsbedingungen wie Gesundheitsschutz und Arbeitszeiten im Auge zu behalten. In dem Zusammenhang stehen die von ihr geforderten Corporate Social Responsibility-Konzepte (CSR), die sich mit der sozialen wie ökologischen Verantwortung von Unternehmen auseinandersetzen. Diesbezüglich kritisierte Professorin Zimpelmann den Unternehmer Grupp dafür, solche Konzepte nicht in seinem Unternehmen eingeführt zu haben und beispielsweise keinen Nachhaltigkeitsbericht herauszugeben.

Theo Schlüter (links), Gertrud Gauer-Süß, Gerhard Schreve

Gerhard Schreve stieg in die Diskussion von der anderen Seite ein, nämlich von der Entsorgung. Textilien und Schuhe sind, wenn sie hier in Deutschland aus den Privathaushalten kommen, noch lange nicht unbrauchbar. Die Altkleider werden hier in Deutschland sortiert und an Zwischenhändler verkauft, die dann den Weiterverkauf nach Osteuropa und Afrika regeln. Die Entsorgerbranche sei, sagt Schreve, in den vergangenen 10 Jahren eine der am stärksten gewachsenen Branchen, und die Frage die wir uns unweigerlich stellen müssen, ist die nach der Sinnhaftigkeit unserer Konsumgesellschaft.

Als Produzent einer Ware die man „nicht mehr Braucht“, so Grupp, kritisierte dieser nicht nur die Unternehmer. Auch der Verbraucher sei nicht ganz unschuldig, wenn er immer der Devise „Geiz ist Geil“ folgt. Auch Frau Gauer-Süß griff dieses Thema auf und sagte, dass man am Ende immer wieder beim Konsumverhalten landet. Für Beate Zimpelmann ist der Konsum nur ein Teil der Problematik. Man solle sich zwar auch überlegen, ob es nicht besser wäre mehr auf lokale Produktion und Regionalwirtschaft wert zu legen, aber insgesamt müsse man die Wachstumsgesellschaft mit kritischem Blick prüfen.

Nach dem Ende der Radioaufzeichnung wurde die Diskussion mit dem Publikum fortgeführt und vor allem in Arbeits- und Produktionsbedingungen vertieft.

Copyright der Fotos liegt bei Jennifer Petry

Der einzige Weg zur Lösung eines globalen Problems sind weltweite lokale Lösungen. Ich glaube, es gibt eigentlich überhaupt nichts, was ausschließlich global wäre. Alles Globale hat vielmehr lokale Wurzeln.

Dr. Vandana Shiva, Trägerin des Alternativen Nobelpreises 1993